Wie funktioniert der Schuldenschnitt in Griechenland?
Um eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, ist Griechenland auf eine weitere Auszahlung des von den Euro-Finanzministern beschlossenen Hilfspakets angewiesen. Für dieses Rettungspaket über ein Volumen von 130 Milliarden Euro wurde jedoch als Voraussetzung festgelegt, dass der nun absolvierte Schuldenschnitt durchgeführt wird. Die Hilfszahlung ist die letzte Rettung für das stark angeschlagene Griechenland, das gerade unter seiner Schuldenlast von geschätzt rund 160% des Bruttoinlandsprodukts zusammenzubrechen droht. Mit Hilfe des Schuldenschnitts sowie der Finanzhilfe, so hoffen Experten, könne Griechenland diese Schuldenquote bis 2020 auf rund 120,5% senken.
Beteiligung am Schuldenschnitt überraschend hoch
Um 21 Uhr am letzten Donnerstag, 08.03.2012, lief die Frist der Euro-Finanzminister ab. Bis dahin konnten private Gläubiger Griechenlands ihre freiwillige Beteiligung am Schuldenschnitt anmelden. Und mit einer Beteiligungsquote von 85,8% aller privaten Gläubiger ist dieser Schritt durchaus gelungen. Experten hatten eine deutlich niedrigere Beteiligungsquote befürchtet. Einschränkung dabei ist jedoch, dass sich diese Quote lediglich auf die Gläubiger von Anleihen, die nach griechischem Recht begeben wurden, bezieht. Da jedoch 177 Milliarden Euro von insgesamt 206 Milliarden Euro über solche griechischen Anleihen aufgenommen wurden, und die Beteiligungsquote bei Anleihen, die in einer anderen Jurisdiktion emittiert wurden, bei 69% lag, bleibt der Schuldenschnitt ein Erfolg.
Mit diesem Schritt verzichten die Gläubiger damit auf 53,5% des Nominalvolumens der Anleihe, indem sie die aktuellen Anleihen gegen neue Anleihen eintauschen. Da jedoch die neuen Anleihen auch deutlich längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen haben, wird der Verzicht der Gläubiger je nach Anleihe auf rund 70-75% geschätzt. Gläubiger, die sich dem freiwilligen Schuldenschnitt verweigerten, müssen dem griechischen Finanzminister zufolge nun mit einem Zwangsumtausch der Anleihen rechnen. Ein entsprechendes Gesetz wurde bereits vor Wochen erlassen. Insgesamt hofft die griechische Regierung damit auf einen Schuldenerlass von rund 107 Milliarden Euro.
Ratingagenturen werten den Schuldenschnitt als Kreditereignis
Generell gilt ein Schuldenschnitt erst ab einer Beteiligungsgrenze von 90% als freiwillig. Da diese Grenze jedoch nicht erreicht wurde, hat die International Swaps and Derivates Association (ISDA), deren Rahmenwerke weltweit als Grundlage von Kreditderivaten genutzt werden, direkt nach der Verkündung der Ergebnisse des freiwilligen Anleihen-Tauschs letzten Donnerstag den Schuldenschnitt als Kreditereignis gewertet. Als Konsequenz werden nun Kreditversicherungen über geschätzt 70 Milliarden Euro Nominalvolumen fällig. Der Markt geht jedoch davon aus, dass sich aufgrund von Verrechnungen zwischen Käufern und Verkäufern der Kreditversicherungen die tatsächlichen Zahlungen auf rund 3 Milliarden Euro beschränken - und damit vermutlich keinen gefürchteten Domino-Effekt auslösen.
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